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Auszüge aus dem Buch „Stralsund 1945 − Ein unvollständiges, nie geschriebenes Tagebuch“ ISBN 978-3-7323-2828-4

17. Februar
Die Vereidigung von Seekadetten der Crew I/45 erfolgte heute.

31. März
Die Seekadetten der Crew I/45 beendeten ihre Grundausbildung. Weitere Fachlehrgänge erfolgen zu der Zeit nicht. Nun sollten viele Offiziersanwärter an Bord von Zerstörern eingesetzt werden. Die in Frage kommenden Seekadetten nahmen schon ihre Bordausrüstung in Empfang und warteten auf die Abkommandierung. Zudem kursierte das Gerücht, daß das Oberkommando der Kriegsmarine beabsichtige, eine Reihe der Offiziersanwärter für Kleinkampfverbände auszubilden. Aber aus der Kommandierung an Bord und aus dem Einsatz auf See wurde nichts. Die Bordpäckchen mußten wieder abgegeben werden. So befinden sich die Seekadetten im „Wartestand“.
Nachtrag: Sie wurden mit dem Aushub von Panzergräben im Vorfeld von Stralsund beschäftigt oder mit dem Ausbau von Verteidigungsstellungen (Panzersperren) in der Stadt. Größere Kontingente wurden zur Auffüllung der Oderfront befohlen.

6. April
Ein Teil der Stralsunder Marine aus den drei Schiffstammabteilungen ist heute zur 1. Marineinfanteriedivision an die Oder-Front verlegt worden. Von der 1. Schiffstammabteilung auf dem Dänholm blieben nur noch wenige Teile zurück.

16. April
Eine große Truppe von 600 - 700 Offiziersanwärter aus den drei Schiffstammabteilungen ist heute auf Befehl von Großadmiral Dönitz zur 1. Marineinfanteriedivision an die Oder-Front verlegt worden. Darunter sind viele Absolventen der Seeberufsfachschulen des Jahrgangs 1927. Alle sind unausgebildet für den Erdkampf und miserabel bewaffnet, die Truppe ohne nachrichtentechnische und mobile Mittel. Eingesetzt wurden sie unweit der Stadt Schwedt.
Nachtrag: Die 1. Marineinfanteriedivision wurde von den überlegenen russischen Streitkräften total aufgerieben und erlitt hohe Verluste. Viele konnten in Richtung Westen türmen. Sie wurden von den US-Truppen interniert, andere gerieten in sowjetische Kriegsgefangenschaft.

17. April
Heute wurden über 1.000 Offiziersanwärter der Crew IV/45 vereidigt.

20. April
Korvettenkapitän Steffen von der 3. Schiffstammabteilung Schwedenschanze ist mit ca. 250 Rekruten, die nur mit Gewehren bewaffnet sind, zur 3. Marineinfanteriedivision nördlich von Berlin mit dem Zug abgefahren.
Nachtrag: Zug wurde in Nassenheide wegen Tiefflieger gestoppt. Es kam zu keinem Einsatz in Berlin. Sie zogen nach Westen über Malchin bis Schwerin und gingen in englische Kriegsgefangenschaft.

25. April
Gegen 12.30 Uhr kam ein Befehl per Telegramm aus Berlin zum Aufbau eines neuen „Marineschützenbataillon 769“ zum persönlichen Schutz des Führers in Stralsund an. Kommandeur soll der Korvettenkapitän Wolfgang Dittmers sein. Drei Marineschützen-Abteilungen mit je 4 bzw. 5 Kompanien sind zu bilden. Diese wurden zusammengestellt aus den Truppenteilen vom Dänholm, der Schwedenschanze und der Frankenkaserne. Es sind überwiegend junge Seekadetten (Jahrgang 1927) und Kriegsoffiziersanwärtern. Ausgerüstet wurden sie mit einem Karabiner und ein paar Schuß Munition, sowie geringe Mengen von Handgranaten, Panzerfäusten und einige Schnellfeuergewehre. Verpflegung wurde nicht ausgegeben. Die Aufgabe sollte die Verteidigung der Reichskanzlei in Berlin sein. Im Laufe des Nachmittags sind die Zugänge auf dem Dänholm eingetroffen. Immer, wenn eine Kompanie zahlenmäßig vollständig war, ist sie auf LKWs zu den Flughäfen Tutow bzw. Pütnitz gebracht worden. Etwa gegen 17 Uhr sind die geforderten 600 Mann zusammen. Vom Fliegerhorst Tutow sollten 288 Mann mit Großraumflugzeugen Ju 352 nach Gatow fliegen. Gegen 22 Uhr traf nur ein Teil der Truppe an.
Nachtrag: Am 26. April flogen zwei Flugzeuge mit 68 Mann von Tutow nach Gatow, die unter Beschuß gelandet sind. Sie wurden vor den Gebäuden der Reichskanzlei und des Auswärtigen Amtes eingesetzt. 175 Mann sollten vom Seefliegerhost Pütnitz mit dem Transporter Ju 52 (See) auf dem Wannsee landen. Da der Zielort bereits von den Russen kontrolliert wurde, flogen sie erst gar nicht ab. Ein Flugzeug soll auf der Ost-West-Achse in Berlin gelandet sein und wurde sofort auf russische Panzer eingesetzt.
Nachtrag zwei: am 29. April 1945 kurz nach Mitternacht flogen weitere Ju 352 von Tutow in Richtung Berlin. Ein Flugzeug hat auf Grund des Beschußes den Rückflug angetreten und mußte auf ein Flugplatz notlanden, Bruchlandung. Der Weitertransport nach Tutow erfolgte mit Ju52. Ein Zug mit 30 Mann der 1. Schiffstammabteilung kehrte nach Stralsund am 30. April zurück und bezog da Verteidigungsstellung auf dem Dänholm.
Nachtrag drei: Seekadetten aus verschiedenen Marineschulen der Nord- und Ostsee wurden in Berlin eingesetzt und verheizt!

27. April
Morgendliche Stärkemeldung besagt, daß in der Kaserne Schwedenschanze 300 Mann, auf den Dänholm 150 Mann und in den anderen Kasernen insgesamt etwas mehr als 300 Mann zur Verteidigung von Stralsund zur Verfügung stehen. Das Segelschiff „Gorch Fock“ wurde heute außer Dienst gestellt.

28. April
Das 1.Schiffsstammregiment nahm die Bereitschaftsräume ein.

29. April
Im Laufe des Vormittags zogen die Jungs der 3.Schiffsstammabteilung singend aus der Kaserne Schwedenschanze aus. Die Dienstwohnungen in dieser Kaserne mußten bis 12 Uhr, laut Befehl des Stadtkommandanten, verlassen werden.

Nacht vom 29. zum 30. April
Junge Soldaten der 2. Schiffsstammabteilung, bewaffnet nur mit belgischen Beutegewehren und wenig Munition, graben bei Altefähr Panzerlöcher.

30. April
Ein Einsatzkommando der Marine-Infanterie, aus der Kaserne Schwedenschanze, ist in Kompaniestärke in den Schillanlagen vom Hindenburg Ufer bis zur Sarnowstraße eingesetzt. Sie sind mit österreichischem bzw. französische Beutegewehr und Panzerfäuste bewaffnet. Die Marschverpflegung besteht aus zwei Fleischkonserven. Im Schützengraben in unmittelbarer Nähe des Hauses von Foto-Genz an der Sarnowstraße/Knieperdamm ist eine MG-Stellung.

1. Mai
Das Einsatzkommando der Marine-Infanterie aus den Schill-Anlagen sind mit ca. 12 Marinekutter nach Altefähr gerudert. An der Küste bei Barnkevitz mußten sie Zweimannlöcher schaufeln und dabei die Erde rings rum auffällig verteilen, um starke Aktivitäten zu zeigen.

Die 1.Schiffsstammabteilung verteidigte den Dänholm und Altefähr nur mit italienischen Beutewaffen und 60 Schuss pro Gewehr.