Dieses Schiffsmodell steht im Betreuungsgebäude der Marinetechnikschule. |
Das Institut für Schiffbautechnik Wolgast (ISW) erarbeitete zum
Oktober 1959 die erste Typskizze für das Projekt 47 „Robbe“. Das technische Projekt war
im September 1961 fertiggestellt.
Am 02.01.1962 wurde mit dem Bau des ersten
Schiffes auf der Peenewerft Wolgast begonnen, am 12.09.1962 lief es vom Stapel.
Die Übergabe an das Wissenschaftlich-Technischen Zentrum (WTZ) / Baubelehrung
fand am 22.12.1962 als V 71 statt. Es folgte eine intensive Langzeiterprobung.
Im Ergebnis dessen wurden Änderungen bei den nachfolgenden Schiffen vorgenommen z.B.:
- das 57 mm-Geschütz wurde zur Verbesserung der Sichtverhältnisse vom
Hauptbefehlsstand tiefer gesetzt.
- der Mast wurde umkonstruiert, wodurch sich
die Stabilität des Schiffes erhöhte
- der Abgastrakt der Hauptmaschine bekam
eine Kühlung.
Im
August 1963 nahm das Schiff am Manöver „Flut“ an der polnischen Küste bei Ustka
teil. In Dienst bei der Volksmarine wurde dieses Schiff aber erst offiziell am 10.04.1964
gestellt!
Ab dem zweiten Schiff erfolgte eine Truppenerprobung. Die
Langzeiterprobung bzw. Truppenerprobung erfolgte in der Zeit von Werftübergabe
bis zur offiziellen Indienststellung. [weitere Informationen].
Mit der Indienststellung erhielten die Schiffe 500er Bordnummern.
Insgesamt wurden sechs mittlere Landungsschiffe des Projekts 47
bis 1964 gebaut.
Den Schiffen wurden durch Konteradmiral Felix Scheffler am 07.10.1965 Namen von Kreisstädten der DDR verliehen.
Konstruktion
Das Schiff
bestand aus Stahl mit drei wasserdichten Abteilungen. Das Unterwasserschiff
hatte eine Pontonform. Über die ganze Schiffslänge verlief das Ladedeck, ca. 60
m lang und 4 m bis 10 m breit [Zeichnung]. Dieses
verengte sich nach achtern wegen der beiden seitlichen Maschinenräume.
Beiderseits im Schiffskörper befand sich ein bis zu 2,75 m breiter Wallgang. Eine
Vielzahl von Leerzellen im Wallgang und im Doppelboden sicherte die
Schwimmfähigkeit bei größerer Beschädigung der Außenhaut. Die Zellen für Ballastwasser dienten
aber auch zur Regulierung des Tiefgangs.
Das Deckhaus und der Leitstand
waren mit 25 mm dickem Blech gepanzert.
Am Spiegelheck waren zwei Anker mit
Verholeinrichtung zum selbständigen Abbergen vom Strand vorhanden.
Aufgaben
Klassifiziert
wurden die Schiffe als „mittleres Landungsschiff“ (LSM), aber auch die Bezeichnung
LSm – „Landungsschiff mittel“ oder LSM-47 waren geläufig. Später erfolgte die
Klassifizierung als Mehrzwecklandungsschiff.
Die Schiffe waren zur Anlandung
von Technik an nichteingerichteten Küstenabschnitten und an eingerichteten
Stellen vorgesehen. Weitere Aufgabe war der Transport von Gütern
als Ro/Ro Schiff sowie als Nebenaufgabe das Minenlegen.
Auch zum
Vorpostendienst wurden die „Robben“ eingesetzt, so z.B. im November/Dezember 1971
auf den Vorposten (VP) 72 im Fehmarnbelt und VP 80 nördlich Hiddensee.
Navigationsbelehrungsfahrten mit Offiziersschüler des 4.Lehrjahres gehörten zu den
Nebenaufgaben, z.B. im Juli 1972 nach Tallin, Nowy Port, Gdynia und Swinoujscie.
Ladung
Die sechs Meter
lange Bugklappe war auch gleichzeitig die Laderampe. Zwei Stahltrossen, die
Hydraulikseile, waren für das Öffnen und Schließen der Klappe zuständig. Das
Beladen erfolgte durch Rückwärtsfahren der Technik in das Schiff, dies
erforderte viel Geschick vom Fahrer! Auf das Oberdeck wurde die Technik durch
eine Auffahrtrampe aus dem Laderaum mittels Winde hochgezogen. Diese Hubluke war 10,5 m lang und 4 m breit
mit einer Steigung von 12 Grad. Das Oberdeck war für Kettenfahrzeuge nicht
geeignet.
Für die Landungstruppen waren an Bord auch Kojen vorhanden. Eine
„Robbe" konnte eine Mot.-Schützenkompanie samt Technik aufnehmen.
Als
Transportschiff konnten max. 529,4 t Versorgungsgüter geladen werden.
Hier einige Beladungsmöglichkeiten: [Technik-Bilder]
Laderaum
(max. 239t bei Anlandung):
Oberdeck:
sieben LKW Typ „LO" und vier bis
sechs Kübelwagen Typ „P 3"
Das Belade- und Anlandetraining wurde hauptsächlich bei Mukran
(Insel Rügen) und bei Karlshagen (Insel Usedom) durchgeführt. Die LSM nahmen an
einer Vielzahl von Übungen / Manövern teil [Beispiele].
Bei der Deutschen Post gab es dazu sogar einen Ersttagsbrief [Bild].
Im Sommer 1966 wurden
Panzer per Tieflader nach Parow transportiert. Zwei „Robben“ wurden von der
Slipanlage aus beladen. Die Anlandung erfolgte in Dranske. Diese Aktion war eine
Lehrvorführung in Anwesenheit der Verteidigungsminister der DDR und
Jugoslawiens.
Die Anlandeübungen wurden bis ca. 1980 hauptsächlich mit dem Mot.Schützenregiment (MSR) 29 aus Prora/Rügen durchgeführt. Da das MSR 29 von Prora nach Hagenow verlegt wurde, übertrug man dem MSR 28 aus Rostock diese Aufgabe. Im Februar 1990 wurde das MSR 28 der Volksmarine direkt unterstellt und erhielt die Bezeichnung „Küstenverteidigungsregiment 18“ (KVR 18). Mit dieser Marineeinheit fand auf Grund der gesellschaftlichen Veränderung keine Seelandungsübung mehr statt.
Bewaffnung
Die Bewaffnung
der „Robben" diente hauptsächlich der Selbstverteidigung. Sie bestand aus einem
über dem Bug angebrachten 57 mm-Zwillingsgeschütz [Bild] und achtern auf dem Peildeck
an beiden Seiten jeweils eine 25 mm-Doppellafette [Bild].
Bei der „Schwedt“ war der 57 mm-Zwilling auf einem ca. 50 cm höheren Sockel
postiert
Der
hintere Teil des Laderaumes konnte zum Minenlegen eingerichtet werden. Dazu
wurden Minenschienen aufgeschraubt. Im Spiegelheck waren zwei Wurfluken
eingelassen.
Unterstellung
Das
Landungsschiff Projekt 47.0, Bord-Nr. V-71, wurde ab 1963 von der
Landungsabteilung der 6.Flottille geführt, verblieb strukturmäßig aber beim WTZ
/ Baubelehrung. Der Abteilungsstab war in Parow stationiert. Ab 1964, mit der
Indienststellung der Schiffe, unterstanden die „Robben“ der Landungsabteilung der
6.Flottille. Die Stationierungsorte der Schiffe wechselten: Wolgast, Dranske,
Saßnitz und Warnemünde.
Der Stationierungsort Dranske war besonders
schwierig für die LSM. Diese lagen nicht im Hafen, sondern ankerten in Strandnähe
vor Bug/Dranske aus Richtung Ostsee. Die Verbindung Schiff – Strand wurde mit
Schlauchbooten sichergestellt.
Ab Mitte Juni 1965 gehörten die Landungsschiffe zur
1.Flottille Peenemünde.
Am 29.04.1971 verlegten die „Robben“ nach Lauterbach. Später war wieder
Peenemünde ihr Heimathafen (wann?).
Die Landungsschiffe Typ „Robbe“ waren aber nicht in Parow stationiert.
Verbleib
Die
Außerdienststellung der Schiffe erfolgte 1975 bis 1978. Das Schiff mit der
Bau-Nr. 47.4 „Hoyerswerda“ wurde noch bis 1981 als schwimmendes Lager in der
Peenewerft Wolgast verwendet. Ein Schiff soll laut Zeitzeugen noch als
Wohnschiff im Stützpunkt Peenemünde verwendet worden sein - wer kann da Infos geben?
Zwei Schiffe wurden nach der
Außerdienststellung als Zielschiffe am Peenemünder Haken auf Grund gesetzt. Dazu
wurden sie
„entkernt“ und die Bewaffnung entfernt. Die Decksaufbauten wurden bei einen grün
und bei dem anderen gelb gepönt. Ein weiteres Schiff, nach Zeitzeugen die
ehemalige „Grimmen“, folgte später als Zielschiff.
Alle anderen Schiffe
wurden verschrottet.
Taktisch technische Daten
Verdrängung: | normal 709 t, voll 1263 t |
Länge über alles: | 64,02 m |
Breite über alles: | 12,04 m |
Seitenhöhe: | 5,88 m |
Tiefgang normal: | hinten: 2,48 m vorn: 1,30 m |
Zuladung: | bei Anlandung max. 239 t als Transportschiff max. 529,4 t, davon 162 t an Oberdeck |
Laderaum: | Nutzfläche: 343 m², nutzbare Länge: 61 m |
Oberdeck: | Nutzfläche: 187 m², nutzbare Länge: 41 m |
Bewaffnung: | 1x 57 mm-Doppellafette SIF-31B Kampfsatz 720 Splitter-Granaten und 180 Panzer-Granaten jeweils mit Leuchtspur |
2x 25 mm-Doppellafette 2-M-3 M110 Kampfsatz 2584 Splitter-Brand-Granaten und 1360 Panzer-Granaten jeweils mit Leuchtspur |
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Minen möglich: | 198 Typ „JAM" oder 62 Typ „KB" oder 64 Typ „KMD-2-500" oder 47 Typ „KMD-2-1000" |
Radar: | KSA III, später TSR 333 |
Geschwindigkeit: | marsch 11,6 kn; max.13,7 kn |
Reichweite: | 1060 sm bei 12 kn |
Autonomie: | 10 Tage |
Seetüchtigkeit: | See 6, Wind 8 |
Antrieb: | 2x 12 Zylinder V-Motoren Typ 40D |
Antriebsleistung: | 3230 kW |
Anzahl der Propeller: | 2 dreiflügelige |
Anzahl der Anker: | 4 |
Besatzung: | 24 / 32 / 38 Mann (Warum die Unterschiede in den verschiedenen Quellen?) |
Allgemeines Schema der
Gefechtsorganisation
Das Schema
war Lehrmaterial im Fach „Dienst an Bord“ an der Flottenschule „Walter Steffens“
ab 1972. Die Lehrgangsteilnehmer sollten die Befehlsstände und Gefechtsstationen
eintragen – in der Zeichnung Rot beschriftet.
Das Modell | ||||
Das Original | ||||
Danke für Informationen von Hartmut Leiste und Jörn-Harald Schmidt.
© 2008 - 2021 Peter Kieschnick
Eine Chronologie der Bordnummern des Projekts 47 "Robbe" ist durch Helbe und Horma
erarbeitet wurden.
Interessenten
zu einzelnen Schiffen oder andere Details melden sich bitte über E-Mail: webmaster@parow-info.de
Weitere Chronologien sind hier.