www.parow-info.de      (Stand 07.09.2021 - Farbfotos eingefügt)

Landungsschiff Projekt 47 „Robbe“

Dieses Schiffsmodell steht im Betreuungsgebäude der Marinetechnikschule.

Das Institut für Schiffbautechnik Wolgast (ISW) erarbeitete zum Oktober 1959 die erste Typskizze für das Projekt 47 „Robbe“. Das technische Projekt war im September 1961 fertiggestellt.
Am 02.01.1962 wurde mit dem Bau des ersten Schiffes auf der Peenewerft Wolgast begonnen, am 12.09.1962 lief es vom Stapel. Die Übergabe an das Wissenschaftlich-Technischen Zentrum (WTZ) / Baubelehrung fand am 22.12.1962 als V 71 statt. Es folgte eine intensive Langzeiterprobung. Im Ergebnis dessen wurden Änderungen bei den nachfolgenden Schiffen vorgenommen z.B.:
- das 57 mm-Geschütz wurde zur Verbesserung der Sichtverhältnisse vom Hauptbefehlsstand tiefer gesetzt.
- der Mast wurde umkonstruiert, wodurch sich die Stabilität des Schiffes erhöhte
- der Abgastrakt der Hauptmaschine bekam eine Kühlung.
Im August 1963 nahm das Schiff am Manöver „Flut“ an der polnischen Küste bei Ustka teil. In Dienst bei der Volksmarine wurde dieses Schiff aber erst offiziell am 10.04.1964 gestellt!
Ab dem zweiten Schiff erfolgte eine Truppenerprobung. Die Langzeiterprobung bzw. Truppenerprobung erfolgte in der Zeit von Werftübergabe bis zur offiziellen Indienststellung. [weitere Informationen]. Mit der Indienststellung erhielten die Schiffe 500er Bordnummern.
Insgesamt wurden sechs mittlere Landungsschiffe des Projekts 47 bis 1964 gebaut.

Den Schiffen wurden durch Konteradmiral Felix Scheffler am 07.10.1965 Namen von Kreisstädten der DDR verliehen.

Konstruktion
Das Schiff bestand aus Stahl mit drei wasserdichten Abteilungen. Das Unterwasserschiff hatte eine Pontonform. Über die ganze Schiffslänge verlief das Ladedeck, ca. 60 m lang und 4 m bis 10 m breit [Zeichnung]. Dieses verengte sich nach achtern wegen der beiden seitlichen Maschinenräume. Beiderseits im Schiffskörper befand sich ein bis zu 2,75 m breiter Wallgang. Eine Vielzahl von Leerzellen im Wallgang und im Doppelboden sicherte die Schwimmfähigkeit bei größerer Beschädigung der Außenhaut. Die Zellen für Ballastwasser dienten aber auch zur Regulierung des Tiefgangs.
Das Deckhaus und der Leitstand waren mit 25 mm dickem Blech gepanzert.
Am Spiegelheck waren zwei Anker mit Verholeinrichtung zum selbständigen Abbergen vom Strand vorhanden.

Aufgaben
Klassifiziert wurden die Schiffe als „mittleres Landungsschiff“ (LSM), aber auch die Bezeichnung LSm – „Landungsschiff mittel“ oder LSM-47 waren geläufig. Später erfolgte die Klassifizierung als Mehrzwecklandungsschiff.
Die Schiffe waren zur Anlandung von Technik an nichteingerichteten Küstenabschnitten und an eingerichteten Stellen vorgesehen. Weitere Aufgabe war der Transport von Gütern als Ro/Ro Schiff sowie als Nebenaufgabe das Minenlegen.
Auch zum Vorpostendienst wurden die „Robben“ eingesetzt, so z.B. im November/Dezember 1971 auf den Vorposten (VP) 72 im Fehmarnbelt und VP 80 nördlich Hiddensee.
Navigationsbelehrungsfahrten mit Offiziersschüler des 4.Lehrjahres gehörten zu den Nebenaufgaben, z.B. im Juli 1972 nach Tallin, Nowy Port, Gdynia und Swinoujscie.

Ladung
Die sechs Meter lange Bugklappe war auch gleichzeitig die Laderampe. Zwei Stahltrossen, die Hydraulikseile, waren für das Öffnen und Schließen der Klappe zuständig. Das Beladen erfolgte durch Rückwärtsfahren der Technik in das Schiff, dies erforderte viel Geschick vom Fahrer! Auf das Oberdeck wurde die Technik durch eine Auffahrtrampe aus dem Laderaum mittels Winde hochgezogen. Diese Hubluke war 10,5 m lang und 4 m breit mit einer Steigung von 12 Grad. Das Oberdeck war für Kettenfahrzeuge nicht geeignet.
Für die Landungstruppen waren an Bord auch Kojen vorhanden. Eine „Robbe" konnte eine Mot.-Schützenkompanie samt Technik aufnehmen.
Als Transportschiff konnten max. 529,4 t Versorgungsgüter geladen werden.

Hier einige Beladungsmöglichkeiten: [Technik-Bilder]
Laderaum (max. 239t bei Anlandung):

Oberdeck:
sieben LKW Typ „LO" und vier bis sechs Kübelwagen Typ „P 3"

Das Belade- und Anlandetraining wurde hauptsächlich bei Mukran (Insel Rügen) und bei Karlshagen (Insel Usedom) durchgeführt. Die LSM nahmen an einer Vielzahl von Übungen / Manövern teil [Beispiele]. Bei der Deutschen Post gab es dazu sogar einen Ersttagsbrief [Bild].
Im Sommer 1966 wurden Panzer per Tieflader nach Parow transportiert. Zwei „Robben“ wurden von der Slipanlage aus beladen. Die Anlandung erfolgte in Dranske. Diese Aktion war eine Lehrvorführung in Anwesenheit der Verteidigungsminister der DDR und Jugoslawiens.

Die Anlandeübungen wurden bis ca. 1980 hauptsächlich mit dem Mot.Schützenregiment (MSR) 29 aus Prora/Rügen durchgeführt. Da das MSR 29 von Prora nach Hagenow verlegt wurde, übertrug man dem MSR 28 aus Rostock diese Aufgabe. Im Februar 1990 wurde das MSR 28 der Volksmarine direkt unterstellt und erhielt die Bezeichnung „Küstenverteidigungsregiment 18“ (KVR 18). Mit dieser Marineeinheit fand auf Grund der gesellschaftlichen Veränderung keine Seelandungsübung mehr statt.

Bewaffnung
Die Bewaffnung der „Robben" diente hauptsächlich der Selbstverteidigung. Sie bestand aus einem über dem Bug angebrachten 57 mm-Zwillingsgeschütz [Bild] und achtern auf dem Peildeck an beiden Seiten jeweils eine 25 mm-Doppellafette [Bild]. Bei der „Schwedt“ war der 57 mm-Zwilling auf einem ca. 50 cm höheren Sockel postiert
Der hintere Teil des Laderaumes konnte zum Minenlegen eingerichtet werden. Dazu wurden Minenschienen aufgeschraubt. Im Spiegelheck waren zwei Wurfluken eingelassen.

Unterstellung
Das Landungsschiff Projekt 47.0, Bord-Nr. V-71, wurde ab 1963 von der Landungsabteilung der 6.Flottille geführt, verblieb strukturmäßig aber beim WTZ / Baubelehrung. Der Abteilungsstab war in Parow stationiert. Ab 1964, mit der Indienststellung der Schiffe, unterstanden die „Robben“ der Landungsabteilung der 6.Flottille. Die Stationierungsorte der Schiffe wechselten: Wolgast, Dranske, Saßnitz und Warnemünde.
Der Stationierungsort Dranske war besonders schwierig für die LSM. Diese lagen nicht im Hafen, sondern ankerten in Strandnähe vor Bug/Dranske aus Richtung Ostsee. Die Verbindung Schiff – Strand wurde mit Schlauchbooten sichergestellt.
Ab Mitte Juni 1965 gehörten die Landungsschiffe zur 1.Flottille Peenemünde. Am 29.04.1971 verlegten die „Robben“ nach Lauterbach. Später war wieder Peenemünde ihr Heimathafen (wann?).

Die Landungsschiffe Typ „Robbe“ waren aber nicht in Parow stationiert.

Verbleib
Die Außerdienststellung der Schiffe erfolgte 1975 bis 1978. Das Schiff mit der Bau-Nr. 47.4 „Hoyerswerda“ wurde noch bis 1981 als schwimmendes Lager in der Peenewerft Wolgast verwendet. Ein Schiff soll laut Zeitzeugen noch als Wohnschiff im Stützpunkt Peenemünde verwendet worden sein - wer kann da Infos geben?
Zwei Schiffe wurden nach der Außerdienststellung als Zielschiffe am Peenemünder Haken auf Grund gesetzt. Dazu wurden sie „entkernt“ und die Bewaffnung entfernt. Die Decksaufbauten wurden bei einen grün und bei dem anderen gelb gepönt. Ein weiteres Schiff, nach Zeitzeugen die ehemalige „Grimmen“, folgte später als Zielschiff.
Alle anderen Schiffe wurden verschrottet.

Taktisch technische Daten

Verdrängung: normal 709 t, voll 1263 t
Länge über alles:  64,02 m
Breite über alles:  12,04 m
Seitenhöhe: 5,88 m
Tiefgang normal: hinten: 2,48 m
vorn:   1,30 m
Zuladung: bei Anlandung max. 239 t
als Transportschiff max. 529,4 t, davon 162 t an Oberdeck
Laderaum: Nutzfläche: 343 m², nutzbare Länge: 61 m
Oberdeck: Nutzfläche: 187 m², nutzbare Länge: 41 m
Bewaffnung: 1x 57 mm-Doppellafette SIF-31B
Kampfsatz 720 Splitter-Granaten und 180 Panzer-Granaten jeweils mit Leuchtspur
  2x 25 mm-Doppellafette 2-M-3 M110
Kampfsatz 2584 Splitter-Brand-Granaten und 1360 Panzer-Granaten jeweils mit Leuchtspur
Minen möglich: 198 Typ „JAM" oder 62 Typ „KB" oder 64 Typ „KMD-2-500" oder 47 Typ „KMD-2-1000"
Radar: KSA III, später TSR 333
Geschwindigkeit: marsch 11,6 kn; max.13,7 kn
Reichweite: 1060 sm bei 12 kn
Autonomie: 10 Tage
Seetüchtigkeit: See 6, Wind 8
Antrieb: 2x 12 Zylinder V-Motoren Typ 40D
Antriebsleistung: 3230 kW
Anzahl der Propeller: 2 dreiflügelige
Anzahl der Anker: 4
Besatzung: 24 / 32 / 38 Mann (Warum die Unterschiede in den verschiedenen Quellen?)

Allgemeines Schema der Gefechtsorganisation
Das Schema war Lehrmaterial im Fach „Dienst an Bord“ an der Flottenschule „Walter Steffens“ ab 1972. Die Lehrgangsteilnehmer sollten die Befehlsstände und Gefechtsstationen eintragen – in der Zeichnung Rot beschriftet.

Das Modell 
Das Original 
 
     

Danke für Informationen von Hartmut Leiste und Jörn-Harald Schmidt.

© 2008 - 2021 Peter Kieschnick

Eine Chronologie der Bordnummern des Projekts 47 "Robbe" ist durch Helbe und Horma erarbeitet wurden.
Interessenten zu einzelnen Schiffen oder andere Details melden sich bitte über E-Mail: webmaster@parow-info.de
Weitere Chronologien sind hier.